Roggensauerteig ansetzen: eine einfache Anleitung

Wer nicht das Glück hat, einen über Generationen weitergegeben Sauerteig von der Erbtante zu bekommen, macht ihn am besten einfach selber.

Sauerteig machen ist kinderleicht, so lange man ein paar Grundsätze beachtet. Man muss es den Hefen und Bakterien nur so angenehm wie möglich machen, denn sobald die sich einmal richtig heimelig fühlen, geht es wie von selbst. Eine kleine Belohnung gibt es schon, bevor man sich ans Brotbacken machen kann. Es hat sich unter den Fermentierer*innen die stolze Tradition etabliert, dem selbst erzeugten Sauerteig einen Namen zu geben, was mir eine große Ehre war. Zur Erinnerung an meine Oma benannt, darf ich vorstellen: hier ist Paula!

Zutaten:
200 g Roggenmehl (möglichst Vollkorn und möglichst frisch gemahlen)
200 g Wasser

Zubereitung:
Tag 1
In einem großen Glas 50 g Mehl mit 50 ml lauwarmem Wasser gut verrühren, bis ein klebriger Teig entstanden ist. Diesen Teig 24 Stunden an einem warmen Ort stehen lassen, z.B. im Backrohr nur mit eingeschaltetem Licht oder, wie ich: hinten am Kühlschrank, da steigt bei mir immer ein wenig warme Luft hoch.

Tag 2
Den Teig mit 50 g Mehl und 50 ml lauwarmem Wasser füttern, dabei immer zuerst das Wasser einrühren und dann erst das Mehl. Zugedeckt, aber nicht luftdicht verschlossen nochmals 24 Stunden an einem warmen Ort stehen lassen.

Tag 3
Der Teig fängt jetzt an, sauer zu riechen. Eventuell steigen kleine Bläschen auf und er blubbert ein wenig. Das ist gut! Den Sauerteig diesmal mit 100 g Wasser und 100 g Mehl verrühren, bis keine Klümpchen mehr vorhanden sind, und abgedeckt einen weiteren Tag stehen lassen.

Tag 4
Es ist soweit! Ab jetzt ist der Teig ein echter Sauerteig und bekommt den Namen Paula. Nun kann man den Sauerteig zu einem Brot verbacken. Oder alternativ zu einem Nudelteig, englischen Muffin, Palatschinken (Pfannkuchen) mit Sauerteig, Sauerteig-Zimt-Schnecken. Es kann aber auch sein das Dein Sauerteig etwas länger braucht, also nicht verzagen wenn es am Tag 5 oder 6 soweit ist.

Wichtig: vor der Weiterverwendung 100 g vom Teig abnehmen und in ein Schraubglas füllen, das im Kühlschrank aufbewahrt wird. Das dient als Starter für einen neuen Sauerteig. Der Sauerteig hält sich 7 bis 14 Tage, bevor er wieder gefüttert werden muss. Das Glas bitte nicht fest verschließen, da der Sauerteig Gase bildet. Für den nächsten Sauerteig einfach mit dem Starter aus dem Kühlschrank wieder bei Tag 2 anfangen.

Auch mir passieren manchmal Fehlschläge: mein erster Sauerteig-Ansatz-Versuch mit weißem Weizenmehl ist leider nichts geworden. Der Teig hat sich am vierten Tag bläulich verfärbt. Für meinen nächsten Versuch habe ich frisch gemahlenes Roggenmehl verwendet und der war sofort erfolgreich.

Tipps für den ersten Sauerteig
• Immer sehr sauber arbeiten. Alles Besteck und alle Gläser, die man verwendet, sehr gut und sehr heiß waschen.
• Das Wasser soll nicht kalt und nicht warm, sondern echt lauwarm (handwarm) sein, so fühlen sich die Milchsäurebakterien am wohlsten.
• Temperatur spielt eine große Rolle! Unter 20 Grad C fällt der Sauerteig in einen Winterschlaf, über 30 Grad C stirbt er.
• Den Sauerteig zudecken, aber nicht luftdicht verschließen. Wir wollen das nichts störendes ins Glas kommt, aber entstehende Gase entweichen können.
• Die Zeiten gut einhalten! Oder den Teig ganz genau beobachten. Streng genommen füttert man ihn immer, wenn er am höchsten ist, kurz bevor er wieder etwas zusammenfällt. Wenn du diesen Ablauf noch nicht gut einschätzen kannst, halte dich einfach an die 24-Stunden-Regel.
• Wenn der Sauerteig am 4. Tag einen schrägen Farbton hat in Richtung Grün, Blau oder Rot, wenn er vom Schimmelpilz befallen ist oder abartig streng riecht: bitte einfach weg damit und neu starten. Ein intensiv säuerlicher oder sogar leicht schwefeliger Geruch ist aber normal für einen guten Sauerteig.
• Wenn etwas wie oben beschrieben schiefgeht, lass dich nicht unterkriegen. Beim Fermentieren kann immer mal was passieren. Versuch es einfach noch einmal.
• Warum Vollkornmehl? Abgesehen davon das es mit Vollkornmehl viel einfacher funktioniert, erklärt das die Vollkorngetreide-Hierarchie von Brenda Davis:

Und irgendwo weit dahinter kommt weißes Mehl.

• Da ich keine Getreidemühle habe, mahle ich für den Sauerteigansatz die kleine Menge an benötigten Roggen (100 g) einfach in meiner Kaffemühle und zwar knapp bevor ich sie brauche. Diese Mühle war das erste elektrische Küchengerät das ich jemals gekauft habe, sehr praktisch, auch für alle Gewürze. Kaffee mahle ich in einer anderen Mühle.

Sauerteig pflegen & auffrischen – KühlschrankführungFüttern & Weiterführen wenn man nicht backt

Zutaten:
100 g Wasser
100 g Roggenmehl
20 g Sauerteig (der aus dem Kühlschrank)

Anleitung:
Schritt 1: Sauerteig aus dem Kühlschrank nehmen, ein zweites Glas bereitstellen. 100 g Wasser ins neue Glas füllen. Dazu kommen 20 % Sauerteig, hier also 20 g. Sauerteig gut im lauwarmen Wasser verrühren, bis er sich aufgelöst hat, dann 100 g Roggenmehl einrühren.
Schritt 2: Das neue Glas offen lassen und 8 Stunden an einem warmen Ort stellen. Zum Beispiel hinten auf den Kühlschrank oder im Backrohr mit nur eingeschaltetem Licht. Das macht man um die guten Sauerteigbakterien bzw. Hefen zu vermehren.
Schritt 3: Nach 8 Stunden das Glas verschließen und wieder in den Kühlschrank stellen. Sauerteig im Kühlschrank alle 7 Tage füttern, aber spätestens nach 14 Tagen!

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Rezepte in denen ich Roggensauerteig verwendet habe:

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Steirisches Osterbrot: das Weihbrot der Glirschn-Oma

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Leicht gewürztes, süßes Weißbrot mit Rosinen ist ein steirisches Sanktum zu Ostern. Es dient dem „Xölchten“, also dem geselchten Weihfleisch, als flaumige Unterlage, am besten mit einer gehäuften Portion Kren obendrauf!

Am letzten Zipfel der Südsteiermark, dort wo ich aufgewachsen bin, ist es bis heute üblich das es Codenamen für Familien oder Häuser gibt, vulgo vulgo. Der Bauernhof meiner Großeltern, gelegen an den zur Koralpe aufsteigenden Hügeln, fast schon in Kärnten, heißt vulgo Glirschn. Ostern ist in der Schilchergegend etwas ganz Besonderes, auch für alle nicht religiös Veranlagten, denn es beinhaltet ein kulinarisches Highlight der Steiermark: die Osterjause. Und wichtigste Grundlage für eine g‘scheide Osterjause’n ist das süße Osterbrot, das frech mit Pikantem kombiniert wird.

Brot backen, das war immer Omas Domäne. Die Glirschn-Oma ist dafür ein paar Tage vor Ostern schon immer bei Morgengrauen aufgestanden und hat sich auf dem knarrenden Holzboden aus dem Haus geschlichen. Die alte Saukuchl verwandelte sich während dieser Tage in ihre dampfende Backstube, in der es dann saunaähnliche Temperaturen hatte. Wenn ich Stunden später auch wach wurde, war es, als schwebte der ganze Bauernhof auf einer süß duftenden Germteigwolke. Gemeinerweise durfte man nicht kosten, das war streng verboten Das Brot gab es immer erst nach der Osterweihe, auf steirisch einfach „Fleischweih“ genannt, zu essen.

Paula Schuster, vulgo Glirsch; * 1. Jänner 1924; † 25. Dezember 2014

Beim Brotbacken zu Hause ist es oft schwierig, die optimale Brotumgebung herzustellen. Sprich: die richtige Wärme zu erzeugen, damit der Germteig gut aufgeht. In meinem Rezept verrate ich ein paar Tricks, die man leicht nachmachen kann. So wird Brotbacken supereinfach. Übrigens: Das Osterbrot ist ein gutes Einstiegsprojekt, wenn man mit dem Brotbacken anfangen möchte.

Am Osterjausentisch hat man immer die Wahl zwischen süßen und pikantem Osterbrot. Man will ja höflich sein. Hier beide Familienrezept von meiner Oma. Die Zutaten sind leicht unterschiedlich, machen tut man beide Teige genau gleich:

Equipment:
• Verschließbare Schüssel, die ins Waschbecken passt
Heizdecke

Süßes Osterbrot, Zutaten für einen Laib:
• 1/8 l Weißwein, wer hat, fruchtigen steirischen Wein wie Morillon, Weißburgunder, Grauburgunder, Gelben Muskateller …
• 185 ml Milch
• 1 Prise Gewürznelke, gemahlen
• 1 Prise Zimt
• 50 g Zucker
• 25 g Germ oder 1 Packung Trockengerm
• 70 g Schweineschmalz, wer das nicht hat, nimmt Butter
• 1 Schuss Schnaps, wer hat, einen Selbstgebrannten.
• 500 g Mehl (halb griffiges und halb glattes)
• ½ TL Salz
• Eine Handvoll Rosinen
• Etwas Milch zum Bestreichen

Pikantes Osterbrot, Zutaten für einen Laib:
• 310 ml lauwarmes Wasser
• 25 g Germ oder 1 Packung Trockengerm
• 500 g griffiges Mehl
• 1 ½ TL Salz
• Etwas Milch zum Bestreichen

Zubereitung:

Den Wein und die Milch mit dem Zucker und den Gewürzen leicht erwärmen, gerade so viel, bis der Zucker sich aufgelöst hat.
Trockengerm: Die Hälfte der Flüssigkeit in eine Glasschüssel gießen, die Flüssigkeit muss handwarm sein, also so zwischen 35 und 37 Grad. Sonst ein wenig abkühlen lassen. Die Trockengerm dazugeben und 10 Minuten stehen lassen. Tipp: Wenn du Trockengerm verwendest, ist das ein guter Test, ob die Hefe noch aktiv ist. Wenn es nach 10 Minuten nicht leicht schäumt, weggeben und mit einem neuem Packerl versuchen.
Frische Germ: Ein „Dampfl“ machen. In die Hälfte der lauwarmen Gewürzmilch den frischen Germ einrühren. Mit ein wenig Mehl bestäuben, abdecken und an einen warmen Ort stellen, bei mir ist das hinten am Kühlschrank, da strömt immer warme Luft auf. Wenn die Mischung das doppelte Volumen erreicht hat, ist es fertig.

Zu der im Topf verblieben Hälfte der Gewürzmilch kommen jetzt der Schuss Schnaps und das Schmalz. Während das Fett schmilzt, kann man das Mehl abwiegen, dazu das Salz und die Rosinen mischen. Das mache ich gleich in der richtigen Schüssel.

Die Gewürzmilch und die Fettmilch zum Mehl geben. Mit einem Kochlöffel untermischen, und die Masse mehr und mehr zusammenschlagen. Der Teig ist ein sehr klebriger. Mit dem Kochlöffel den Teig vom Rand der Schüssel in die Mitte schlagen, für circa 5 Minuten. Ja das ist anstrengend, am besten als Frühlingsworkout sehen. So lange schlagen, bis der Teig schön gleichmäßig ist, er ist noch immer sehr klebrig.

Den Deckel auf die Schüssel geben und warmes Wasser in das Waschbecken einlassen, so zwischen 35 und 38 Grad. Dort kommt die Schüssel mit dem Teig hinein. So lange gehen lassen, bis der Teig das doppelte Volumen hat. Circa eine halbe Stunde. Dann die Schüssel herausnehmen und den Teig noch einmal „zusammenschlagen“, also die Luft aus dem Teig herausschlagen. Dann nochmal gehen lassen. Wenn das Wasser sich abgekühlt hat, einfach warmes nachfüllen. Wenn der Teig nochmal das doppelte Volumen hat, wieder die Luft aus dem Teig schlagen.

Teig aus der Schüssel nehmen und auf eine leicht bemehlte Arbeitsfläche legen. Eine schöne Kugel formen und auf ein Backpapier geben. Eine Heizdecke so beheizen, dass es leicht warm ist. Bei mir ist es Stufe zwei. Einmal einschlagen, und den Brotlaib darin gehen lassen. Für circa eine halbe Stunde.

Das Backrohr auf 190 Grad vorheizen und eine backfeste Form mit heißem Wasser auf den Boden des Backrohrs stellen. Das Brot mit Milch bestreichen. Tipp: Ich gebe eine Prise Kurkuma zur Milch. So bekommt die Brotkruste eine noch schönere Farbe. Den Laib mit Hilfe des Backpapiers aufs heiße Blech geben und für 45 Minuten backen oder bis es schön braun ist. Vor dem Aufschneiden ganz auskühlen lassen.

Original ist man das Osterbrot mit geselchten Weihfleisch, viel frisch aufgeriebenem Kren, hartgekochten Eiern, Osterkrainer, Selchwürsteln und Essiggurken. Wer keinen Zugriff auf geselchtes Fleisch hat, kann es ersatzweise auch mit jeder anderen Art von Schinken genießen. Frohe Ostern!

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